Schlägl (Mitterreith), 6. November 2001, 03:40 MEZ (weitere Bilder).
Foto: © Karl Kaiser; f = 35 mm; 1:2,8; 1 min; Kodak Elite Chrome 400
Am 4. November 2001 um 16:19 UT ereignete sich auf der Sonne ein heftiger Röntgenflare der Klasse X1.0 . Bereits 20 Minuten später erreichten energiereiche Protonen mit beinahe Lichtgeschwindigkeit die Erde. Fast gleichzeitig beobachteten Satellitenkameras einen starken coronalen Massenauswurf (CME), der sich mit mindestens 1300 km/s von der Sonnenoberfläche löste und in Richtung unseres Planeten unterwegs war. Dies entspricht einer Geschwindigkeit von etwa 4.68 Millionen Kilometer pro Stunde! Nach Berechnungen sollte die Sonnenwindschockfront am 6. November am Morgen um 06:00 UT (07:00 MEZ) +/- 8 Stunden beim Erdmagnetfeld eintreffen und einen starken geomagnetischen Sturm mit Nordlichtern bis in mittlere geographische Breiten auslösen. Die von sun-earth-alert@skypub.com angegebene südliche Grenze der Aurora sollte wie folgt verlaufen: SOUTHERN FRANCE TO NORTHERN ITALY TO SLOVENIA TO HUNGARY TO NORTHERN ROMANIA TO NORTHERN MOLDOVA TO UKRAINE TO CENTRAL RUSSIA ... Die erwartete erdmagnetische Störung würde 18 bis 24 Stunden dauern, sodass auch in der Nacht vom 6. auf 7. November mit Polarlichtern gerechnet werden könnte.
Da vor Mitternacht kaum mit dem Eintreffen der Plasmawolke zu rechnen war, besuchte ich erstmals knapp nach 24 Uhr Aurora-Seiten im Internet. Nach 3 Stunden Schlaf öffnete ich um 03:15 MEZ erneut folgende Seiten: AKM - Polarlichtvorhersage und Polarlichtforum des AKM. Im Diagramm der Sonnenwindgeschwindigkeit zeigte sich deutlich, dass die Schockfront etwa um 02:00 Uhr MEZ eingetroffen ist. Die Windgeschwindigkeit stieg von ca. 450 auf 700 km pro Sekunde an. Die Zeile "z.Z. rotes Polarlicht in Frankfurt/M. *o.T.*" von Peter Kuklok im Polarlichtforum , geschrieben um 03:11 MEZ, bekräftigte meinen Entschluss, sofort nach Mitterreith zu fahren, um den störenden Lichtern von Aigen-Schlägl und dem leider eingefallenen Bodennebel zu entkommen. Schon nach wenigen 100 Metern Fahrt zeigte sich das Nordlicht überm Böhmerwald in seiner ganzen Pracht. Vom Höhenrücken zwischen der Großen und Kleinen Mühl (
Beobachtungsort Mitterreith (Gemeinde Schlägl) liegt auf 830 m ü. NN; die genauen geographischen Koordinaten des Standortes sind: 13° 55´ 53´´ E, 48° 38´ 21´´ N) beobachtete ich bei sehr guten Bedingungen zwischen 03:40 und 05:00 MEZ die Nordlichterscheinung. Beeindruckend war der vielfältige Wechsel der gelblich-weißlichen Strahlen, die bestimmt eine Höhe von 40° erreichten. Manchmal war die diffuse rote Aurora bis über Polaris hinauf zu erkennen. Die große horizontale Ausdehnung schätzte ich von mindestens 50° westlich bis 50° östlich des Nordpunktes. Aktivitätsmaxima zeigten sich wie so oft bei meinen "größeren" Polarlichtern im NE und NW. Gemindert wurde die Intensität des Lichtes durch den sehr hellen Mond (letztes Viertel am 8. November). War es zu Beginn meiner Beobachtung noch fast wolkenlos, so zog später eine störende Sc-Wolkendecke auf. Das Maximum des Polarlichtes erlebte ich etwa um 04:15 MEZ, als eine Unmenge an hellen Strahlen den Himmel von NW bis NE zierten.Erwähnenswert sind die hohen Kp-Werte während der Morgenstunden und während des ganzen folgendenTages (Werte reichten von 5 bis 8). Erst am 7. November zeigte sich ein deutlicher Rückgang. Tagsüber erreichten die Sonnenwindspitzen fast 1000 km/s, die Magnetometerausschläge waren riesengroß! Am Abend des 6. November hatten wir im Mühlviertel und weiten Teilen Mitteleuropas wieder bedeckten Himmel. Zwischen einzelnen Wolkenlücken konnte aber noch einmal in Ostdeutschland schwaches Polarlicht gesehen werden.
Übersicht der Polarlichtbilder vom 6. November 2001
Links zu interessanten aktuellen Graphiken
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