Diamonddust-Phänomen am 22. Jänner 2016, Schlägl
Bereits in den Morgenstunden des 18. und 19. Jänners kam es im Diamonddust bei -12° bzw. - 18° C zur Entstehung einzelner Haloerscheinungen wie Nebensonnen, Lichtsäulen, Untersonne u. a. Der Höhepunkt der herrschenden Kälteperiode wurde mit etwa -22° C am Freitag, den 22. Jänner erreicht.
An Straßenlaternen, an Autoscheinwerfern fahrender Fahrzeuge und an der kräftigen Turmbeleuchtung der Stiftskirche in Schlägl ragten z. Teil Lichtsäulen bis zu einer Höhe von 30° auf. Diese Beobachtung ließ auf gute Eisnebelbedingungen wenigstens für die frühen Vormittagsstunden hoffen.
Die erste Sichtung von Halos im Sonnenlicht, nämlich der oberen Lichtsäule und der rechten 22°-Nebensonne, gelang um 08:00 MEZ, also knapp nach Sonnenaufgang. Die Nebensonne hob sich zunächst nur schwach vorm dunklen Wald ab, ihre Helligkeit nahm aber in den nächsten Minuten rasch zu. Allmählich wurden weitere Einzelerscheinungen sichtbar - linke Nebensonne und untere Lichtsäule mit in ihr eingebetteter Untersonne.
Innerhalb der nächsten 50 Minuten konnte eine Menge an weiteren Einzelerscheinungen gesehen und fotografiert werden. Die angeführte Tabelle umfasst alle Haloarten (meist unvollständig ausgebildet), die am Zustandekommen des Phänomens zumindest für kurze Zeit beteiligt waren:
* | Einzelerscheinungen | Helligkeit ** | |
a | 22°-Ring | 0 | |
b | rechte und linke 22°-Nebensonnen | 2 | |
c | obere und untere Lichtsäulen | 2 | |
d | oberer Berührungsbogen | 1 | |
e | Untersonne | 2 | |
f | linke und rechte Unternebensonnen | 0 bzw. 1 | |
g | Moilanenbogen | 0 | |
h | Schnittpunkt Supra- und Infralateralbogen | 1 | |
h' | nur Supralateralbogen | 0 | |
i | oberer seitlicher Lowitzbogen ? | 0 |
* a bis i: vergleiche Beschriftung der Grafik
** Skala der Helligkeit von Haloerscheinungen: 0: sehr schwach, unter Umständen nur mit Halospiegel oder Sonnenbrille sichtbar; 1: schwach, wenig auffällig; 2: hell, auffällig, auch Laien werden aufmerksam; 3: sehr hell, blendend, gleißend, sehr auffällig
Leider löste sich der Eisnebel innerhalb einer Stunde fast vollständig auf. Erwähnenswert ist noch die Sichtung eines kurzen 46°-Ringsegments auf der Schneedecke im Bereich der Abschnitte g und h.
Bemerkenswertes zu
Supra- und Infralateralbogen: Deutlich konnte die Existenz dieser Einzelerscheinungen nur im rechten Bereich erfasst werden, eine gut erkennbare farbige Aufhellung hob sich vorm dunklen Wald ab. Das ist genau der Bereich, wo bei einer Sonnenhöhe von etwa 6° Infra- und Supralateralbogen einander schneiden. Äußerst schwach zeigten sich weitere Abschnitte des Supralateralbogens vorm blauen Himmel oberhalb des oberen Berührungsbogens sowie knapp oberhalb des beschriebenen Schnittpunktes. Die Verstärkung der Farbe in diesem Punkt erkläre ich durch die Anwesenheit beider Bögen.
Oberer seitlicher Lowitzbogen: In obiger Tabelle habe ich seine Auflistung mit einem "?" versehen. Eindeutig lässt er sich auf den Aufnahmen nicht erkennen. Erst die intensive Bearbeitung des Bildes ergibt einen schwachen Hinweis auf seine Existenz (besser ist die Erscheinung erst im ins Negativ konvertierten Bild zu erkennen). Hätte ich bei der Beobachtung vor Ort nicht den leisen Verdacht auf die Sichtung des Lowitzbogens gehabt, hätte ich später zuhause bestimmt nicht sofort die Aufnahmen danach durchsucht!
Moilanenbogen: Die größte Überraschung des Morgens war die eindeutige Sichtung des Bogens von Moilanen! Sah ich an seinem Entstehungsort zwischen Sonne und oberem Berührungsbogen vorerst nur wenige aufblitzende Eiskriställchen, so entwickelte er sich bald zum schwach erkennbaren Bogen. 1996 konnte diese Einzelerscheinung in Schladming erstmals für Österreich fotografisch nachgewiesen werden (siehe Mitteilungen des AKM, Jg. 22 (1997), S. 61: Karl Kaiser: Alberto Tomba und Halos im Polarschnee und Eisnebel). Bemerkenswert, dass erst am 21. Jänner 2016 (also einen Tag vor meiner Sichtung) beim großen Eisnebeldisplay in Bremerhaven der Bogen von Michael Theusner ( siehe AKM.Forum) fotografiert werden konnte und dies weitab von Schneekanonen, mit deren Kunstschneeerzeugung seine Bildung assoziiert wird! Normalerweise kommen Moilanen-Arc-Bilder aus künstlich beschneiten Schigebieten! Das einzige Schigebiet mit Beschneiungsanlagen im österreichischen Böhmerwald liegt etwa 14 km nordwestlich von Schlägl. Sollte es hier zur Verdriftung von Eiskristallen über diese große Entfernung gekommen sein?
Auswahl von Aufnahmen des Diamonddust-Displays:
08:02 MEZ: obere Lichtsäule, rechte Nebensonne |
08:04 MEZ: rechte Nebensonne |
08:12 MEZ: Lichtsäulen, Nebensonnen |
08:12 MEZ: linke Nebensonne mit aufleuchtenden Eiskristallen |
08:12 MEZ: rechte Nebensonne |
08:16 MEZ: beide Nebensonnen, obere Lichtsäule |
08:17 MEZ: linke Nebensonne mit aufblitzendem Diamonddust |
08:18 MEZ: obere und untere Lichtsäule |
08:24 MEZ: untere Lichtsäule mit eingebetteter Untersonne |
08:26 MEZ: Nebensonnen, obere Lichtsäule, angedeuteter 22°-Ring, oberer Berührungsbogen |
08:28 MEZ: rechte 22°-Nebensonne mit Unternebensonne |
08:32 MEZ: Negativ mit Nebensonnen, oberer Lichtsäule, 22°-Ring, oberem Berührungsbogen, angedeutetem |
Moilanenbogen, linken und rechten oberen seitlichen Lowitzbögen (?) |
08:36 MEZ: beide Nebensonnen, obere Lichtsäule, 22°-Ring, oberer Berührungsbogen |
08:36 MEZ: obere Lichtsäule, 22°-Ring, rechte 22°-Nebensonne |
08:37 MEZ: obere Lichtsäule, oberer Berührungsbogen, angedeuteter Bogen von Moilanen |
08:40 MEZ: farbiger Schnittpunkt des Infra- und Supralateralbogens (links der Bildmitte unten) |
08:43 MEZ: linke 22°-Nebensonne |
08:44 MEZ: oberer Berührungsbogen im Eisflitter |
08::47 MEZ: obere Lichtsäule, 22°-Ring, oberer Berührungsbogen, Bogen von Moilanan - unbearbeitetes Bild |
sowie Kontrastverstärkung und Invertierung |
08:51 MEZ: 22°-Nebensonne an der Großen Mühl |
08:56 MEZ: rechte 22°-Nebensonne im Eisflitter |
© 2016 - 2022 Karl Kaiser